english
Adolf Hitler 007
Rede des Künstlers zur Eröffnung der Ausstellung am 9.11.2007

"Gerdchen, Gerdchen", sprach die Schauspielerin Kirsten Heiberg im Reichsbahnzug im 43er Jahr zu meinem gefesselten Vater, den sie kannte von dessen Kellnerdienst im "Hotel Vierjahreszeiten" in Bayern, wo die Bonzen abstiegen. Mit ihren Mätressen. Mein Vater, den sie jetzt wieder sah. Im Abteil. Gefesselt. Bewacht von Männern der Schutzstaffel. Sie fuhren zum Prozess nach München. Das Verbrechen meines Vaters: Homosexualität. Das Urteil stand ja schon fest. Tod durch den Strang. "Gerdchen, Gerdchen, Du bist doch kein Homo!", sprach Frau Heiberg zu meinem Vater. Und versprach, bei ihrem Freund Goebbels ein Wort einzulegen. Das Ergebnis dieser lebensrettenden Maßnahme: Kein Prozess. Und Einberufung an die Ostfront. Wo er seine Männlichkeit unter Beweis stellen sollte.

Sein Vater, mein Großvater, hatte nicht so viel Glück. Der wurde 44 durch den SD im Erfurter Folterkeller umgebracht. Obwohl sein Sohn, als Mann in Russland bewährt, EK II-Träger, intervenierte. Warum haben sie ihn umgebracht? Der hatte Brot, Fleisch, Milch gegeben. Mehr als er durfte. Für die Arbeitssklaven. Zugeteilt vom III.Reich. In sein Hotel. Großvater war Deutschnational. Kaisertreu. Doch das Kaiserreich war längst schon gestürzt. Und die Demokratie längst schon von den Revolutionären beseitigt. Strafverschärfend hatte er den Führer als "Anstreicher" beschimpft, wie Hindenburg. Am Stammtisch. Wurde denunziert vom Dorflehrer. Bildungsbürger. Wenige Tage danach war Wilhelm tot.

Meine Mutter: BDM-Führerin. Missbraucht von Philipp, ihrem Vater, als Schutzschild. Der war Mitbegründer der KPD in Neudietendorf. Urdeutsche Provinz. Versteckte seinen Kommunismus hinter der Tochter, die natürlich begeistert war vom neuen nationalen Sozialismus ohne Hunger und Arbeitslosigkeit, so man wenigstens in die Arbeitsfront ging. Dem Proletariat ging's noch nie so gut. Im Herzen tief bewegt, wie fast alle. Nicht nur die jungen Maiden. War doch die Jugend höchstes Gut.

Was kam bei all dem raus? Was setzt sich da fort im Sohn, der die Gnade der späten Geburt nicht akzeptiert? Wenn der Schwarzstoff fällt, die Ausstellung beginnt, kann ein jeder dies beurteilen.

 

 

Mail an